Mittwoch, 1. Juli 2009

Angst und Konsumterror

Wir müssen Angst haben, so zumindest wird es uns allen Tag für Tag in den Medien mitgeteilt. Angst vor Terroranschlägen, Angst vor Infektionskrankheiten, Angst vor Flugzeugabstürzen, Angst vor Phishing-Attacken. Angst, Angst, Angst.

Doch wie real sind denn all die Gefahren, vor denen wir permanent gewarnt werden, wie gefährlich ist unser Leben, dass wir dafür bereit sind unsere Grundrechte aufzugeben oder zumindest einschränken zu lassen?

Wir müssen Flüssigkeiten in Klarsichthüllen packen, wenn wir an einen anderen Ort fliegen möchten. Das ist Angst verpackt in Klarsichthüllen, sichtbar für jeden, der noch nicht von der großen Angstwelle erfasst ist.

Wer keine Angst hat, ist verdächtig. Nur wer Angst verbreitet, muss keine Angst haben. Wer von uns wurde denn bereits Zeuge eines Terroranschlags? Oder wer wurde sogar schon Opfer eines solchen? Wer kennt jemanden, der schon unter einer pandemischen Infektionskrankheit gelitten hat, oder wer war selbst daran erkrankt? Wer kennt ein Opfer eines Flugzeugabsturzes, oder wer hat einen solchen bereits erlebt oder überlebt? Wem wurde denn bereits sein gesamtes Geld vom Konto geraubt?

Wir haben uns heute bereits so sehr daran gewöhnt, am Flughafen durchsucht und durchleuchtet zu werden, dass es ganz selbstverständlich ist, dass Fliegen in vielerlei Hinsicht unvernünftig ist. Zum einen, weil das Flugzeug höchstwahrscheinlich abstürzen wird, und falls es das wie durch ein Wunder nicht macht, wird man doch sicher Opfer eines terroristischen Anschlags oder zumindest einer Entführung.

Warum nur müssen wir so viel Angst vor dem Fliegen haben? Welche Interessen stecken hinter einer solchen Angst-Kampagne? Sind es die Fluggesellschaften selbst, die diese Angst schüren, um damit immer höhere Investitionen in Sicherheitstechnik zu rechtfertigen, und damit einhergehend immer höhere Flugpreise?

Viren-Erkrankungen gibt es bereits seit jeher. Sie sind ein vollkommen normales Regulativ gegen Überbevölkerung. Seit es Menschen gibt, die sich in Ballungsräumen zusammenschließen, werden diese Opfer von Epidemien. Natürlich ist es legitim, gegen diese Epidemien vorzugehen, aber muss man deshalb die Menschheit in permanente Angst versetzen? Das Vorgehen der WHO gegen die Vogelgrippe oder die Schweinegrippe ist ein völlig normaler Vorgang, um möglichst effizient die Verbreitung solcher Krankheiten einzudämmen. Aber das mediale Ausschlachten dieser Arbeit zur Panik-mache ist verwerflich. Am Ende werden wir am Flughafen nicht mehr nur durchsucht und durchleuchtet, sondern gleich noch nach allen möglichen Infektionskrankheiten untersucht.

Täglich flattern bei unbedarften Anwendern E-Mails ins Haus, die ihnen suggerieren, ihre Rechner wären gefährdet. Sie installieren daraufhin Software, die sie vermeintlich vor den Gefahren, die im Internet lauern, schützen soll. Und wie eine selbst erfüllende Prophezeiung melden diese Programme dann, dass der Rechner bereits infiziert ist. Solche Programme haben den schönen Namen Scare-Ware, weil die mit der Angst arbeiten, dabei sollte man eigentlich vor solchen Programmen Angst haben.

Man kann heute auch nicht mehr einfach so durchs Internet streifen, denn an jeder Ecke könnte das Verbrechen lauern. Hinter jedem Link verbirgt sich möglicherweise eine Seite mit kriminellen Inhalten. Böse Seiten, die nur an die PIN und TANs der Bankverbindung herankommen wollen, oder es sind gleich Seiten mit kinderpornographischen Bildern, die den gesetzestreuen Bürger anfixen wollen, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen, wenn er dann endlich diese Inhalte kauft. Seiten mit Bombenbauanleitungen und Killerspielen, die einen nur durch das bloße Betrachten zum Verbrecher machen. Man läuft durch jeden Mausklick Gefahr, auf die Fahndungslisten der Strafverfolgungsbehörden zu gelangen. Man ist Verbrecher, allein durch die Nutzung des Internets.

Der einzige Ort, an dem wir uns noch sicher fühlen können, ist unser eigenes Heim. Wenn wir nicht fliegen oder uns im Internet tummeln, nicht aus dem Haus gehen, dann kann uns nichts passieren. Wer nicht fliegt, kann nicht abstürzen. Wer keine Menschen trifft, kann nicht angesteckt werden. Wer nicht surft, kann nicht in die Fallen der Internet-Verbrecher tappen.
Es sind nicht die Menschen, die zählen. Es ist nur ihr Geld das wichtig ist. Wenn die Menschen nicht ihr Geld für allerhand Dinge ausgeben, dann sind sie für die Gesellschaft wertlos. Wir brauchen Wachstum, damit unser Finanzsystem funktioniert. Wachstum kann nur durch mehr Konsum erreicht werden. Doch wir haben doch schon alles. Was könnte man denn noch brauchen? Wir haben doch bereits mehr als wir tatsächlich benötigen. Die begrenzte Lebensdauer von Produkten reicht heute mittlerweile nicht mehr, um das Wachstum der Wirtschaft aufrecht zu erhalten. Es muss neuer Bedarf geschaffen werden. Die Menschen müssen Produkte kaufen, die ihr Leben sicherer machen. Klarsichthüllen für den Flug in den Urlaub. Tamiflu für die nächste Pandemie. Anti-Viren Software für den PC. Biometrische Ausweise zur Abwehr von Terror. Raucher-Entwöhnungs-Produkte, damit die Pharma-Industrie daran und an den Alterskrankheiten der Menschen verdienen können, die sonst viel zu früh verstorben wären.

In einer freien Marktwirtschaft würden sich solche Fehlentwicklungen von ganz alleine regulieren. Wenn ein Unternehmen Produkte anbietet, die keiner kauft, dann wird dieses Unternehmen vom Markt gefegt. Wenn ein Unternehmen Produkte zu überteuerten Preisen anbietet, dann wird diese Produkte niemand mehr kaufen und das Unternehmen wird pleite gehen. So sieht es zumindest in der Theorie aus, aber warum gibt es dann so viele Produkte, die eigentlich niemand braucht. Warum gibt es Anti-Viren-Software? Warum ist Tamiflu so erfolgreich? Und warum werden Klarsichthüllen produziert?

Der Grund ist Angst! Angst vor Terroranschlägen zwingt uns dazu, Klarsichthüllen zu kaufen oder den neuen biometrischen Ausweis zu bezahlen. Angst vor Millionenstrafen der Verwertungsindustrie zwingt uns dazu, Musik und Filme überteuert zu bezahlen. Angst vor sozialer Ausgrenzung zwingt uns dazu, das neueste iPhone oder die schickesten Klamotten zu kaufen. Angst vor Viren-Infektionen zwingt unsere Behörden dazu, Vorräte an Tamiflu anzuhäufen. Angst vor Übergriffen auf unsere Daten zwingt uns dazu Sicherheitssoftware zu kaufen. Angst vor einem veraltetem PC zwingt uns dazu neue Rechner und neue Software zu kaufen, obwohl der alte es noch lange gemacht hätte.

Diese Angst wird von den Regierungen verbreitet, die gemeinsame Sache mit der Wirtschaft macht. Diese Angst wird von den Medien verbreitet, die an der Besorgnis der Menschen verdient, weil sie Werbung für Produkte verkauft.

Wir sollten wieder öfter darüber nachdenken, was wir wirklich benötigen. Und wir sollten all denjenigen, die uns Angst machen wollen deutlich machen, dass wir keine Angst zu haben brauchen. Wir müssen nicht auf unsere Bürgerrechte verzichten, um in Sicherheit zu leben. Wir müssen den Leuten Angst machen, die uns Angst machen wollen. Wir haben keine Angst, aber sie sollten langsam Angst vor uns bekommen.

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